Die Saison in der Damen Basketball Bundesliga (DBBL) fand
aufgrund der Coronapandemie am 12. März ein plötzliches Ende. Entgegen vieler
anderer Ligen entschied sich die DBBL, nicht etwa zu pausieren oder einige
Spiele auszusetzen. Auf den ersten Blick wirkte der sofortige Saison-Abbruch
womöglich überhastet und auch die Wertung der Saison scheint auf den zweiten
Blick ungenügend durchdacht.
Das Saisonende und die Konsequenzen
Das plötzliche Saisonende der DBBL hatte zum einen zur
Folge, dass es keine Entscheidung gab, wie die Saison gewertet würde: Zählt die
Tabelle des 21. Spieltages oder nicht? Zum anderen endeten auch viele Verträge
von Spielerinnen, sowie Trainern und Trainerinnen, denn die Verträge beinhalten
häufig die Klausel „bis zum letzten Spiel“. Einige Vereine schoben sogar bei
garantierten Verträgen „höhere Gewalt“ als Begründung zur sofortigen
Vertragsbeendigung vor. Verständlich aus Vereinssicht, denn die nicht
stattfindenden Playoffs führten zu fehlenden Sponsorengeldern und
Zuschauereinnahmen. Außerdem ergaben sich zusätzliche Kosten wie unter anderem
Flugumbuchungen für Spielerinnen. Für die Teams der Tabellenplätze 9 bis 12
machte der vorzeitige Saisonabbruch kaum einen Unterschied, da deren Saison
zwei Tage später sowieso geendet hätte. Für Spielerinnen und Trainer/-innen der
ersten acht Vereine konnte die Entscheidung allerdings einen Gehaltsverlust
nach sich ziehen, da viele Verträge nun Mitte März anstatt beim Ausscheiden aus
den Playoffs endeten. Bei den zwei Finalisten, die voraussichtlich bis Ende
April/Anfang Mai gespielt hätten, bedeutet dies sogar bis zu sieben Wochen
weniger Gehalt!
Insgesamt kann das eine erhebliche Summe ausmachen. Allerdings
können wir uns im Basketball noch relativ glücklich schätzen, dass COVID-19
erst Mitte März in Deutschland vermehrt Einzug hielt. Was wäre gewesen, wenn es
bereits im Oktober zum Saisonabbruch geführt hätte?
Außerdem haben deutsche und EU-angehörige Spielerinnen/Trainer/-innen
den Vorteil, entweder in die Kurzarbeit oder in die Arbeitslosigkeit zu gehen.
Das bedeutet, sie bekommen immerhin einen Teil ihres Gehaltes (meist 60%) und
sind weiterhin versichert. Vielen anderen ausländischen Spielerinnen bleibt
dieser Leistungsbezug in ihrem Heimatland verwehrt.
Im Vergleich zu einigen Männer-Sportarten lassen sich im
Frauen-Basketball selten Rücklagen aufbauen. Jedoch muss man unterscheiden, zwischen
europäischen Spielerinnen, die seit vielen Jahren im Geschäft sind, die
durchaus Rücklagen bilden können, und den vielen so genannten Rookies, die ihre
erste Auslandserfahrung sammeln. Häufig spielen vor allem Amerikanerinnen unter
dem vorgeschriebenen Mindestlohn. Nicht selten kommt es vor, dass eine
Amerikanerin nur 600 Euro im Monat verdient. Häufig werden auch Verträge
mehrgleisig finanziert oder studierende Spielerinnen bevorzugt. Viele Vereine
bieten auch von Sponsoren gestellte Zusatzleistungen wie eine möblierte
Wohnung, Mahlzeiten in einem Restaurant, eine Monatsfahrkarte oder einen
fahrbaren Untersatz an. Anders wäre eine Damen Bundesliga Mannschaft für die
meisten europäischen Vereine überhaupt nicht finanzierbar. Was dann übrig
bleibt, vor allem im Verletzungsfall oder in einer Pandemie wie im Moment,
daran denken die jungen Sportlerinnen meist nicht. Schließlich wollen sie doch
nur den Fuß in die Tür bekommen und ihren Traum vom Profi verwirklichen. Die
meisten hoffen einfach, dass sich dies nach ein oder zwei Jahren, in denen sie
ihr Können beweisen werden, von selbst ändern wird. Der Traum hat nur ein
Handicap, wenn die Spielerinnen den Sprung in eine finanzstärkere Liga nicht
schaffen, wird er nicht war. Vereine, die ums Überleben kämpfen, haben auch in
ein oder zwei Jahren nicht mehr Geld zur Verfügung und müssen jede Saison
erneut auf einen Rookie zurückgreifen, da sie nicht mehr zahlen können auch
wenn sie es wollten.
Die momentane
Situation und der Umgang mit den Einschränkungen
Fitnessstudios, Sporthallen und öffentliche Sportanlagen
sind und bleiben vorerst geschlossen. Dies bedeutet für alle Sportler eine
große Einschränkung. Allerdings ist die Situation in Deutschland wesentlich
besser als in manch anderen Ländern, wie unter anderem Italien. In Deutschland
ist Sport treiben im Freien erlaubt und dies sollte man ausnutzen. Auch kann
man sich in den eigenen vier Wänden selbst fit halten. Als Profi-Sportlerin
kennt man genügend Übungen, die man mit geringen Mitteln daheim durchführen
kann, auch wenn sie sportartunspezifisch sind. Bei mangelnder Kreativität gibt
es derzeit auch zahlreiche Online-Angebote.
Vor allem für Basketballerinnen sollten die Einschränkungen
nicht allzu groß sein, fällt doch die Pandemie fast genau in die Saisonpause.
Außerdem wurden alle Events der Nationalmannschaften und die FIBA Wettbewerbe
verschoben, so dass es vielleicht einfach mal an der Zeit ist seine
Verletzungen auszukurieren und seinen Körper heilen zu lassen.
Unpassend dagegen sind Lockerungen in gewissen Sportarten,
wie derzeit Kleingruppentraining bei Fußballern. Wenn, dann sollten die ersten
Lockerungen bei Einzelsportarten eintreten und nicht bei der in Deutschland finanziell
stärksten Sportart.
Weiterhin sollten junge Basketballerinnen die Chance
ergreifen und an einem Plan B arbeiten. Viele absolvieren ihren Bildungsweg
bevor sie ins Profi-Geschäft einsteigen, andere müssen ihn nebenbei
absolvieren. Es ist nicht einfach, Studium oder Ausbildung mal eben „nebenbei“
zu machen, allerdings ist es notwendig und die Corona-Pandemie gibt einem
gerade jetzt Zeit dafür.
Die Aussicht auf die
kommende Saison
Natürlich trifft Corona auch den Frauen-Basketball, so wie
alle anderen Branchen. Die Auswirkungen werden wahrscheinlich fataler sein als
bei vielen anderen Sportarten, denn Frauen-Basketball ist immer noch eine
Randsportart in Deutschland. Die Existenz der Vereine hängt immens am
Wegbrechen von Sponsoren, selbst an kleinen. Das bedeutet, dass nicht nur die
Anzahl der Vereine auf dem Spiel steht, sondern auch die Qualität der
Mannschaften. Die Leistungsstärke der Liga im internationalen Vergleich könnte sinken.
Ein weiteres Problem: die Anzahl der zu vergebenden Jobs wird sinken. Das
betrifft weniger deutsche Basketballerinnen, denn Europäerinnen werden auf dem
Basketball-Markt immer gesucht, da es für sie mehr Jobs gibt als für sogenannte
Imports (Amerikanerinnen, Kanadierinnen etc.) deren Spots limitiert sind.
Ganz anders sieht es dagegen auf dem Markt für Trainer und
Trainerinnen aus. In vielen Ländern stellen Vereine nur einheimische Trainer ein,
deshalb ist es sehr schwer etwa auf den spanischen, italienischen oder
französischen Trainermärkten Fuß zu fassen. Die Deutschen machen da mal wieder
eine Ausnahme. In Deutschland und vor allem in der DBBL sind mehr als die Hälfte
aller Trainerstellen an Ausländer vergeben (*siehe Tabelle). Der hauptsächliche
Grund ist wieder einmal die Bezahlung. Meist bringen auch ausländische Trainer preisgünstige
Spielerinnen aus ihrem Heimatland mit, was vielen Vereinen ebenfalls gelegen
kommt. Vor allem zu Beginn einer Saison sind die meisten Trainerstellen an
ausländische Kandidaten vergeben. Wenn während der Saison ein Vertrag aufgelöst
wird, wird häufig in den internen Reihen nach einer Lösung gesucht und die
Trainerstelle dann eventuell mit einer deutschen Kraft besetzt, nicht selten,
wenn es bereits zu spät ist.
Ob es im Herbst 2020 wieder eine Damen Basketball Bundesliga
geben wird, steht momentan noch in den Sternen. Entgegenkommen wird vielen
Vereinen der verspätete Saisonbeginn (10.10.2020 drei Wochen später als in der
Saison 2019/20) und das Erlassen einiger Auflagen für das Lizenzverfahren
seitens der DBBL. Beides wieder zum Nachteil für die Angestellten – Spielerinnen
und Trainer/-innen. Durch den nach hinten verschobenen Saisonstart erhalten
diese für einen längeren Zeitraum kein festes Gehalt, denn im Basketball sind in
vielen Vereinen nur Saisonverträge üblich. Zum anderen birgt es ein höheres
Risiko, dass Vereine in der Saison in die Insolvenz gehen und die Angestellten
ihre Arbeit verlieren. Dies gab es bereits mehrmals, zuletzt zogen sich die
Fireballs Bad Aibling in der Saison 2018/19 aus der Liga zurück.
Außerdem sind Saisonverträge bei Trainern und Trainerinnen
nicht mehr zeitgemäß, denn gerade im Sommer muss an individuellen Fähigkeiten
und Athletik der Spielerinnen gearbeitet werden, um langfristig gesehen
Anschluss im internationalen Vergleich schaffen zu können. Außerdem haben
Trainer und Trainerinnen in der Saisonpause mehr Zeit um Kinder für die
Sportart Basketball zu begeistern und so einen breiten Untergrund zu schaffen.
Ob all diese Dinge wirklich Einfluss auf die Entwicklung der
deutschen Spielerinnen haben sei dahin gestellt, doch auch die Pandemie wird
wohl an einem Zusammenhalt im Deutschen Damen Basketball nichts ändern, denn
auch nach Corona oder gerade deshalb wird weiterhin das Geld die Basketballwelt
regieren.
Was jede/r einzelne
tun kann?
Wir sind alle von der Pandemie betroffen – finanziell,
wirtschaftlich, gesundheitlich – in vielen Facetten. Wer jetzt noch ein
Einkommen hat, kann wirklich dankbar sein. Auch wenn es zu finanziellen
Einschränkungen kommt, kündigt nicht eure Mitgliedschaft im Sportverein. Wenn
ihr es euch leisten könnt, unterstützt ihn mit ehrenamtlicher Arbeit oder
vielleicht sogar einer Spende und wenn die Saison wieder los geht, dann besteht
nicht über Verbindungen auf freien Eintritt bei einem Spiel, sondern zahlt den
Eintritt und bringt am besten noch jemanden mit. So einfach es sich anhört, so
einfach ist es!
Veröffentlicht bei sportfrauen.net am 16.04.2020: https://www.sportfrauen.net/Basketball/wie-corona-die-frauen-basketballwelt-auf-den-kopf-stellt-ein-kommentar